Photodetektoren aus kolloidalen Blei-Sulfid Quantenpunkten

Symbolbild zum Artikel. Der Link öffnet das Bild in einer großen Anzeige.
Quelle: WW6

Seit Januar 2018 präsentieren wir an dieser Stelle monatlich ein spannendes Thema aus dem Bereich der Werkstoffwissenschaften.

Das „Thema das Monats“ ist einfach und verständlich erklärt und gibt aufschlussreiche Einblicke in die Forschungsaktivitäten unseres Departments.

Das Thema des Monats September kommt aus dem Lehrstuhl für Materialien der Elektronik und Energietechnologie (WW6) und hat den Titel:

Photodetektoren aus kolloidalen Blei-Sulfid Quantenpunkten

von Prof. Dr. Wolfgang Heiß

Worum geht es bei dem Thema?

Kolloidale Quantenpunkte sind Halbleiter-Nanokristalle, die mit nasschemischen Methoden in Lösungen synthetisiert werden. Nanokristalle zeichnen sich dadurch aus, dass in ihnen Atome eine regelmäßige Anordnung aufweisen. Außerdem werden die Oberflächen der Nanokristalle mit organischen Molekülen bedeckt, wodurch sie in einem Lösungsmittel stabile Dispersionen ergeben. Zudem sorgen die Moleküle dafür, dass die Oberflächen der Quantenpunkte nicht als elektrische Defekte wirken. Die kolloidale Synthese erlaubt es, Nanokristalle mit ausgezeichneter Größen-Homogenität herzustellen. Deshalb zeigen kolloidale Quantenpunkte oft Absorptionsspektren mit klar abgegrenzten optischen Übergängen, die sich als definierte Maxima in den Absorptionsspektrum zeigen. Die spektrale Lage dieser Absorptionsmaxima hängt stark von der Größe der Quantenpunkte  ab.

Abbildung 1: Eine hochauflösende transmissionselektronische Aufnahme eines einzelnen Bleisulfid-Quantenpunktes, der die regelmäßige Anordnung der Atome im Kristall zeigt (Aufnahme: WW9). Rasterelektronische Aufnahme von Bleisulfid-Quantenpunkten mit einer engen Größenverteilung. Kolloidale Lösung von Bleisulfid-Nanokristallen und deren Absorptionsspektrum im infraroten Spektralbereich (Aufnahmen: WW6).
Wo findet es Anwendung?

Photodetektoren sind aus unserem Leben nicht mehr weg zu denken. Jeder Pixel einer Kamera repräsentiert im Grunde einen Photodetektor. Das Einschalten eines Fernsehgerätes über eine Fernsteuerung geschieht mit Hilfe eines Photodetektors, und auch in öffentlichen Toiletten wird oftmals die Spülung mit Hilfe von Photodetektoren ausgelöst. Die Polizei misst Fahrzeuggeschwindigkeiten mittels Photodetektoren und im Auto misst ein Photodetektor ob das Abblendlicht automatisch eingeschaltet werden soll, oder nicht. Die meisten Photodetektoren werden aus Silizium hergestellt, wobei deren Einsatzbereich auf Wellenlängen im Sichtbaren und das nahe Infrarote bis zu eine Wellenlänge von 1000 nm eingeschränkt ist. Für größere Wellenlängen benötigt man andere Halbleiter, was üblicherweise mit erheblich höheren Kosten der daraus hergestellten elektronischen Bauteile einhergeht. Eine Alternative, die wesentlich preisgünstiger sein kann, sind die Bleisulfid-Quantenpunkte, die einfach hergestellt und in Lösung auch einfach verarbeitet werden können. Außerdem zeigen diese Quantenpunkte auch im Sichtbaren gewisse Vorteile gegenüber Silizium, wie zum Beispiel ein weitaus höheres Absorptionsvermögen. Aus diesem Grund haben Firmen wie Apple erwogen, die in ihren Handys verbauten Kameras in Zukunft eventuell gegen auf Bleisalz-Quantenpunkte basierende Bauteile zu ersetzen.

In unserer Arbeitsgrupp am Lehrstuhl WW6 werden einerseits einfache Technologien entwickelt um Bleisulfid-Photodetektoren herzustellen. Andererseits werden neue Bleisulfid-Tinten hergestellt, die den Spektralbereich der Detektoren erweitern, und zwar in Richtung mittleres Infrarot. Diese Erweiterung ist für Nachsichtgeräte von Interesse, für CO2 Detektoren und auch für die analytische Spektroskopie wie sie in der Lebensmittelkontrolle eingesetzt wird.

Als Technologie für die rasche und einfache Herstellung von Bleisulfid-Quantenpunktdetektoren wurden von uns verschiedene Drucktechniken kombiniert. Die Detektoren bestehen aus 4 Schichten, die im Detektor unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Die unterste Schichte stellt metallische Elektroden dar, die von uns mit einem Tintenstrahldrucker aus einer Silbertinte gedruckt werden. Darauf kommt eine homogene Schicht aus Zinkoxid-Nanokristallen, die den Dunkelstrom der Detektoren verringert und gleichzeitig als Schutzschicht für die darunter liegenden Elektronen dient. Als nächstes wird mit einem 3D Drucker ein Rahmen aufgedruckt, der dafür sorgt, dass die letzte Schicht, die den Photonresponse gibt, nicht auseinanderläuft. Die oberste Schicht aus den Nanokristallen ist die eigentliche Detektorschicht, welche mit einem Roboter aufgetropft wird. So gestaltet sich die Produktion der Photodetektoren schnell und einfach. Mit unseren Geräten braucht man für die Herstellung eines Detektors 14 Sekunden, und der Materialaufwand liegt weit unter einem Euro pro Stück.

Abbildung 2: Quantenpunkt Photodetektoren, bestehend aus 4 Schichten, die nachfolgend aufeinander gedruckt werden. Rechts ist ein 8X4 Detektor Array gezeigt, welches voll funktionsfähig ist (Bilder: WW6).
Was ist weiter geplant?

Wie wäre es mit einer Solarzelle, die auch am Abend besonders viele Elektrizität erzeugt? Dann sollte diese vor allem im Roten und infraroten Spektralbereich funktionieren. Das ist die Domäne, in der Bleisulfid besser funktionieren könnte als Silizium. Oder wie wäre es mit einer Kamera, die auch gleichzeitig als Nachsichtgerät funktioniert oder im Nebel gute Bilder liefert? Auch dafür eignen sich die Bleisulfid-Quantenpunkte potentiell sehr gut. Diese Bauteile werden nicht nur von wissenschaftlichem Interesse sein, sondern auch kommerzielle Anwendungen finden, im Speziellen, wenn man daran denkt, dass sie aus billigen Tinten hergestellt werden können, die man mit einem einfachen Drucker aufbringen kann. Bis es so weit ist gibt es aber auch noch viele Hürden zu bewältigen, wie z. B. die Langzeitstabilität der Bauteile oder auch die Integration in eine geläufige Halbleitertechnologie, die auch für hohe Stückzahlen sorgen kann.

Zur Person:

Prof. Dr. Wolfgang Heiß