Glyphosat im Wasser und eine einfache Methode zur effizienten Entfernung

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Anbindung von Glyphosat an magnetische Eisenoxidpartikel (Bild: OMD Gruppe)

Seit Januar 2018 präsentieren wir an dieser Stelle monatlich ein spannendes Thema aus dem Bereich der Werkstoffwissenschaften.

Das „Thema das Monats“ ist einfach und verständlich erklärt und gibt aufschlussreiche Einblicke in die Forschungsaktivitäten unseres Departments.

Das Thema des Monats Dezember kommt aus der Forschungsgruppe „Organic Materials and Devices“ (OMD, Lehrstuhl für Polymere) und hat den Titel:

Glyphosat im Wasser und eine einfache Methode zur effizienten Entfernung

von Prof. Dr. Marcus Halik

Worum geht es bei dem Thema?

Glyphosat – oder wie der Chemiker sagt: N-(Phosphonomethyl)glycin – ist sicherlich das meist genutzte Herbizid weltweit mit ca. 700.000 Tonnen Jahresproduktion. Gleichzeitig ist Glyphosat in den letzten Jahren eine der meist diskutierten chemischen Verbindungen, die unter Verdacht steht eine krebserzeugende Wirkung zu haben. Diverse Klagen in den USA und Diskussionen über Zulassungsbeschränkungen bzw. Verbote in Europa und weltweit zeigen die Brisanz der Problematik, die sich durch den flächendeckenden und massiven Einsatz ergibt.

In einer aktuellen Studie, die im Fachjournal Nature Sustainability veröffentlicht wurde, zeigen wir wie mit einfachen Mitteln Kontaminationen von Wässern mit Glyphosat und dessen Hauptmetabolit entfernt werden können. Dabei nutzen wir die spezifische chemische Struktur von Glyphosat − und die daraus resultierende starke Wechselwirkung zu oxidischen Oberflächen − um Glyphosat an magnetische Eisenoxidpartikel zu binden (Abb.1). Die hohe spezifische Oberfläche der Nanopartikel und ihre magnetischen Eigenschaften erlauben es dann, das gebundene Glyphosat durch Magneten einzusammeln und so das Wasser zu reinigen. Kenngröße für die Leistungsfähigkeit des entwickelten Verfahrens war dabei der Grenzwert für Glyphosat von 0,1 g/l, definiert in der Europäischen Trinkwasserverordnung.

Abbildung 1
Wo findet es Anwendung?

In der Studie konnte gezeigt werden, dass neben der prinzipiellen Funktion der Methode, der o.g. Grenzwert in den Laborproben, die mit verschiedenen Glyphosatkonzentrationen hergestellt wurden, durch die Behandlung mit den Eisenoxidpartikeln leicht zu unterschreiten ist und in vielen Fällen das Glyphosat sogar vollständig (unter die analytische Nachweisgrenze) entfernt werden konnte. Dazu wurde eine Vielzahl von Proben untersucht und analytisch ausgewertet. Die exakten Konzentrationsbestimmungen der gereinigten Wasserproben wurden in Zusammenarbeit mit dem Bayrischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hier in Erlangen durchgeführt. Der hohe Wirkungsgrad der Anbindung von Glyphosat wurde jedoch nicht nur experimentell unter verschiedensten Bedingungen beobachtet, sondern auch mechanistisch durch Molekular-Dynamik-Simulationen in der Gruppe von Prof. Dirk Zahn (Theoretische Chemie, Computer Chemistry Center – CCC) verstanden. Aus den Simulationen lässt sich nicht nur eine hohe Übereinstimmung von theoretischer und experimenteller Effizienz der Methode ableiten, sondern auch eine bevorzugte Selektivität von Glyphosat gegenüber anderen im Wasser gelösten Stoffen.

Anhand von Realwasserproben aus dem Dechsendorfer Weiher, in denen neben Glyphosat noch weitere organische Kontaminationen nachgewiesen werden konnten, lies sich diese vorhergesagte Selektivität auch experimentell bestätigen. Nach der Behandlung der Wasserproben mit den Eisenoxidpartikeln und deren magnetischer Entfernung hatte das „Dechsi-Wasser“ wieder Trinkwasserqualität – zumindest bezogen auf Glyphosat.

Was ist weiter geplant?

In unseren Experimenten konnten wir auch zeigen, dass die magnetischen Partikel mehrfach verwendet werden können, was in Kombination mit dem niedrigen Preis der Eisenoxidpartikel die Grundlage für ein ökologisch nachhaltiges und ökonomisch sinnvolles Verfahren darstellt. Ziel der Entwicklung ist sicher nicht der flächendeckende Einsatz von Eisenoxidpartikeln, als vielmehr ein Toolkit zu entwickeln, welches schnell und preiswert lokale Extremkonzentrationen beseitigen kann. Noch werden jedes Jahr 700.000 Tonnen Glyphosat hergestellt, transportiert, gelagert und eingesetzt – was bei unsachgemäßer Handhabung ein beträchtliches Risikopotential darstellt. Als nächster Schritt sind Skalierungsexperimente geplant – sprich nicht Milliliter sondern Kubikmeter Abwasser magnetisch zu reinigen.

Link zur Publikation

Zur Person:

ein Mann mit Glatze und einem blassrosa Hemd; im Hintergrund sind BäumeMarcus Halik ist seit 2005 Professor am Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe – WW5. Er hat Chemie studiert und nach der Promotion und einem Post-Doc fünf Jahre bei Infineon Technologies gearbeitet. Schwerpunkt seiner Forschung sind selbst-assemblierende Monolagen und die damit verbundene Modifikation von Oberflächen.